Um die Beweggründe der afghanischen Hindus in Köln und ganz Deutschland zu verstehen, die sie veranlassten Ihre Heimat zu verlassen und sich hier nieder zu lassen, ist es notwendig, sich mit der Geschichte von Afghanistan selbst auseinander zu setzen. 

Bis etwa 1979 lebten circa 50.000 der rund 900 Millionen Hindus in Afghanistan, vor allem in städtischen Ballungsgebieten und Großstädten wie Kabul, Jalalabad und Kandahar sowie den Gebieten rund um Gashni, Khandabad und Kandus. Sie stammten ursprünglich aus den Regionen um Multan und Sind, die heute zum Staatsgebiet von Pakistan gehören, und sind im Laufe der Zeit ins heutige Afghanistan eingewandert. Das bedeutet auch, dass es sich bei den afghanischen Hindus nicht um Konvertiten handelt, die beispielsweise vom Islam zum Hinduismus übergetreten wären. Vielmehr gehörte das heutige Afghanistan im Laufe der Geschichte immer wieder zum Indischen Königreich, dem Ursprungsland des Hinduismus.

Das Leben der Hindu- und Sikh-Familien in Afghanistan war hauptsächlich von selbstständigen Tätigkeiten geprägt. Besonders bemerkenswert dabei ist, dass bis 1940 etwa 80 Prozent der in Afghanistan lebenden Hindus weder schreiben noch lesen konnte, da es für Sie keine Schulen oder Universitäten gab. Trotz der fehlenden Chancen auf Bildung schafften es viele Hindus, in Ihrem Gewerbe besonders erfolgreich zu werden, ja teilweise sogar die Marktführerschaft innezuhaben. Sie führten unter anderem große und kleine Geschäfte, die mit Mode oder Lebensmitteln handelten oder waren im Groß- und Außenhandel tätig. Bis zum Jahr 1978 betrieben die afghanischen Hindus auch den großen und bekannten Börsenmarkt Serei Schahsadaha. Selbstverständlich gab es auch unter den Hindus in Afghanistan Unterschiede bezüglich des Einkommens und des sozialen Status. Jedoch lebten überall, wo sie sich in Afghanistan Hindus angesiedelt hatten, die Hindus zusammen und teilten auch dort Ihre Muttersprache, ihre Kultur und Ihre Religion. Auch an den verschiedenen Gebräuchen des Hinduismus sowie traditionellen Speisen und Festlichkeiten hielten sie in Afghanistan fest.

Schon früh, nämlich bereits zu Anfang des 20. Jahrhunderts, hatten die Hindus in Afghanistan unter gewissen sozialen Ausgrenzungen zu leiden. Eine staatliche Regelung etwa, die festlegte, dass Hindu Männer beim Verlassen des Hauses gelbe Turbane und die Frauen gelbe Schleier zu tragen hatten, wurde bis zum Jahr 1950 angewandt. Danach jedoch durften die in Afghanistan ansässigen Hindus sich wieder kleiden, wie es Ihnen beliebte und genossen dadurch wieder mehr persönliche Freiheit.

Spätestens jedoch seit die Sowjetunion im Jahr 1979 Afghanistan angriff, war für die afghanischen Hindus ein sicheres Leben in ihrem Heimatland nahezu unmöglich.So wurden in den diversen Kriegen unter anderem die meisten hinduistischen Gebetsstätten, die Gurudwaras, zerstört. Einzig die beiden großen Hindu-Tempel Aasamai und Darga in Kabul sind heute noch erhalten. Die zunehmende Radikalisierung des hauptsächlich von Muslimen bevölkerten Landes, zunächst durch die Mudschaheddin und später durch die radikal-islamischen Taliban vorangetrieben, schaffte ein feindseliges Klima gegenüber religiösen Minderheiten in Afghanistan. Dazu zählten auch die rund 50.000 Hindus, die sich aufgrund der vielen alltäglichen Benachteiligungen und Gefährdungen gezwungen sahen, Ihre Heimat zu verlassen.

Nach ihrer Flucht ließen sich die afghanischen Hindus in zahlreichen Ländern nieder, viele von ihnen auch in Deutschland, um ein neues Leben zu beginnen. Heute gibt es in Deutschland etwa 1.500 Hindu- und Sikh-Familien, von denen circa 60-70 Prozent die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen und damit voll integriert in ihrer neuen Heimat leben. Wie positiv die Integration der afghanischen Hindus in Deutschland seit 1979 verlaufen ist, zeigt eindrucksvoll die Tatsache, wie erfolgreich die Kinder und Kindeskinder der ehemaligen Einwanderer heute deutsche Schulen und Universitäten besuchen.
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