Hinduismus
Die ältesten religiösen Schriften des Hinduismus sind die vier Veden (Veda=Wissen) welche im Zeitraum von 1000 bis 500 vor Christus entstanden sind und unter anderem Hymnen an die Götter, Opfersprüche und Lieder enthalten. Zusammen bilden sie die Sanhitas (=Sammlungen). Zu jeder der vier Veden gehören eine oder mehrere Brahmanas. Hierbei handelt es sich um individuelle Deutungen, Auslegungen und Erweiterungen der ursprünglichen Schriften, die unter anderem auch zahlreiche rituelle Vorschriften enthalten.Die Upanishaden, die jüngste Textgruppe der Veden, die etwa um 800 vor Christus entstanden ist, sollen dem Hindu den Weg aus dem Kreislauf der Wiedergeburt zeigen. Der Begriff bedeutet in etwa "Sitzen vor einem Lehrer". Den größten praktischen Einfluss auf das heutige Leben eines Hindus haben einige Schriften der Tradition. Der Gesang des Erhabenen, die Bhagavad-Gita, welche um etwa 300 vor Christus als Teil des Epos Mahabharata entstanden ist. Sie lehrt den Hindu die verschiedenen Heilswege sowie die Bindung an einen personalen Gott.
Obwohl im Hinduismus zahlreiche verschiedene Gottheiten verehrt werden, glaubt der größte Teil der Hindus, dass es sich dabei lediglich um zahlreiche Erscheinungsformen eines einzigen unpersönlichen Wesens, eines göttlichen Es, nämlich des Brahman handelt. Dies begründet auch die hinduistische Weltanschauung, nach welcher dieser unpersönliche Ursprung der Welt hinter allen Erscheinungsformen, also allen existierenden Dingen, gesucht werden muss. Das in Allem das Göttliche gesehen werden kann, zeigt zum Beispiel die Verehrung des Ganges als heiligen Fluss, in dem jährlich zahllose gläubige Hindus auf ihrer Pilgerfahrt eine rituelle Waschung vornehmen. Dennoch verehrt ein großer Teil der Hindus die drei Hauptgottheiten Brahma, Vishnu und Shiva. Während Brahma als der Schöpfer gilt, kommt Vishnu die Rolle des Erhalters zu. Shiva schließlich ist der Weltenzerstörer, bzw. Schöpfer, Erhalter und Zerstörer in einer Person, die in vielen unterschiedlichen Erscheinungsformen verehrt wird.
Nach hinduistischem Glauben sind sowohl alle Gottheiten als auch die Menschen dem Karma unterworfen, was soviel bedeutet wie das Gesetz von der Vergeltung allen Tuns. Dies wiederum sagt aus, das alle Taten, ob gut oder schlecht, in irgendeiner Weise vergolten oder belohnt werden, was sich direkt auf den ewigen Kreislauf von Leben und Tod auswirkt. Taten eines einzelnen haben demzufolge Ihren Ursprung in einem früheren Leben und auch direkte Auswirkungen auf das nächste Leben. Das Ziel eines jeden Hindus ist es, diesem Kreislauf, und damit der Welt zu entrinnen, um schließlich in das göttliche Brahman eingehen zu können. Denn unsere Welt, die Quelle vieler Begierden und Irrtümer, ist für den Hindu nicht die eigentliche Existenz, sondern nur ein vorläufiger Status (Maya) auf dem Weg ins Brahman.
Für dieses Entrinnen aus dem Kreislauf von Tod und Wiedergeburt nennt die Bhagavad-Gita drei verschiedene Wege, welche den Menschen zur Erlösung (Moksha) und höchster Konzentration (Samadhi) führen können. Zunächst Juana, den Weg des Wissens und der Erkenntnis. Er wird beschritten durch die innere Reinigung von Begierden, Konzentration und Meditation. Karma ist der Weg des Handelns und der Taten der durch Opfer, Gebete, Entsagung und Askese zur Erlösung führt. Bhakti schließlich ist der Weg der Liebe und der liebenden Hingabe. Für einen gläubigen Hindu gibt es dem entsprechend zahlreiche Wege und Mittel, um Erlösung zu finden. Dazu gehören unter vielen anderen Wallfahrten und Pilgerreisen, Gebete und Fasten sowie zahlreiche Opfer- und Reinigungsriten.
Obwohl das Kastenwesen in Indien per Gesetz abgeschafft wurde, hat die Einteilung in die einzelnen Kasten auch heute noch großen Einfluss auf das Leben jedes einzelnen Hindus. Das ist darin begründet, dass die Rechte und Pflichten einer jeden Kaste tief im Hinduismus und dem Glauben an die Reinkarnation (Seelenwanderung) selbst verwurzelt sind. Es wird die Zugehörigkeit zu vier Hauptkasten unterschieden. Die oberste Kaste, welche das meiste Ansehen und die meisten Rechte genießt sind die Brahmanen (religiöse Lehrer und Priester). Darunter folgen die Ritter, Krieger und Adligen und welchen sich wiederum die Bauern und Händler befinden. Die unterste der vier Hauptkasten bilden die Diener und Untergeordneten. Noch unter diesen rangieren im Kastenwesen die so genannten Kastenlosen, auch Parias oder Unberührbare genannt. Es gibt noch zahllose Unterkasten, die jedoch so vielfältig sind, dass sie kaum eindeutig den Hauptkasten zugeordnet werden können. Wenn ein hindu die Rechte und Pflichten seiner Kaste erfüllt, entspricht er dadurch Dharma, dem ewigen Gesetz, und kann hoffen, bei seiner Wiedergeburt in eine höhere Kaste geboren zu werden.
Auch das Leben eines Hindus ist nach bestimmten Kriterien in vier unterschiedliche Phasen eingeteilt, die aufeinander folgen und jeweils in eigener Art und Weise dem individuellen Weg zu Erlösung dienen. Die Erste Phase ist das Stadium des Schülerdaseins bei einem Guru. Darauf folgt die Phase von Ehe und Beruf, in der welcher der "Hausvater" Verantwortung in der Gesellschaft übernimmt. Danach folgt die Zurückgezogenheit im Alter (etwa als Einsiedler in den Wäldern). Die letzte Phase ist das Einsiedlerdasein als herum wandernder Asket.
Darüber hinaus verfolgt ein Hindu in seinem Leben vier Hauptziele oder Werte, die einander übergeordnet sind. Das niedrigste Ziel ist der Genuss in Form von Verlangen und Begierde. Darauf folgt das Ziel der Wohlfahrt, etwa in der Gestalt von Ansehen und persönlichem Erfolg. Das dritte Ziel ist das Dharma, also die Erfüllung der religiösen und sozialen Gesetze. Als höchstes Ziel im Leben eines Hindus gilt schließlich die Erlösung und Befreiung aus dem ewigen Kreislauf von Tod und Wiedergeburt.
Insgesamt nimmt die Religion im Alltag eines Hindus eine feste und wichtige Rolle ein und prägt ihn sogar zu großen Teilen. Zahlreiche heilige Feste sind lebendige Zeichen für die Verehrung der Götter, die teils auch in Tiergestalt, etwa als Kuh, Affe oder Schlange auftreten. Bei den Festen und Prozessionen spielen stets Blumen und bunte Stoffe eine wichtige Rolle. Sie werden genutzt, um die Götterbilder, welche durch die Straßen getragen werden, möglichst prächtig zu schmücken.
Zwischen Christentum und dem Hinduismus gab es zuweilen Missverständnisse, basierend auf einem falschen Verständnis des Hinduismus als eine einzige Religion. Dadurch ergaben sich durch die zahlreichen einzelnen Götter und Betrachungsweisen der Hindus für die Christen scheinbare Widersprüche des hinduistischen Glaubens in sich. Jedoch zeigt eine Erklärung zum Hinduismus des Zweiten Vatikanischen Konzils, dass es durchaus Möglichkeiten der Wertschätzung des Christentums gegenüber dem Hinduismus gibt. Darin werden auch zahlreiche Parallelen zwischen Christentum und Hinduismus aufgezeigt und die dadurch mögliche gegenseitige Bereicherung beider Religionen.